Wir können diesen Augenblick kaum erwarten
Es ist der Monat März und hier in Senegal steht der Ramadan bevor. Am 22. März am Abend konnte ich beobachten, wie die Menschen auf die Strassen gingen oder vorne an den Strand und nach dem Mond geschaut haben. Denn ist die Mondsichel nach dem Leermond das erste Mal wieder zu sehen, beginn am nächsten Tag das Fasten. Heute ist der erste Fastentag von einem Monat Ramadan. Der Tag kommt mir ganz still vor, nur die Kinderstimmen beim Spielen und die Tiere sind von Draussen her zu hören. Und ab und zu rattert ein Auto oder ein Motorrad durch die Strassen.
Noch vor dem Beginn des Ramadans schauen viele Familien, dass sie genügend Grundnahrungsmittel zuhause haben, damit das Nachtessen nach Sonnenuntergang zügig gekocht werden kann. Auch gehen je nach dem die Tageseinnahmen etwas zurück, sodass Nahrungsmittel auf Vorrat sehr hilfreich sind, um durch den Monat Ramadan zu kommen. Doch welche Grundnahrungsmittel werden viel gegessen und können gut gelagert werden? Wir kauften gestern sechs grosse 50kg Säcke Reis und Madiakher brachte sie mit einem Taxi (öffentliches Verkehrsmittel) vom Mark nach Hause. Zuhause füllten wir den Reis in kleinere Säcke zu je vier Kilo ab. Zuber um Zuber füllten wir mit den vier Kilosäcken Reis und Madiakher nahm einen nach dem anderen auf den Kopf und verteilte sie im ganzen Quartier. Denletzten 50kg Sack Reis brachte Mane auf die andere Seite von Mbour und packte ihn dort in die vier Kilosäcke ab. Am Sonntag zuvor war sie da und besuchte eine Freundin. Sie wurde dort von den unterschiedlichsten Familien um Hilfe gefragt. Sie hätten seit einigen Tagen nicht mehr genügend zu Essen. Der Reis sei ausgegangen und auch das Budget sei zu gering, um genügend Grundnahrungsmittel einzukaufen. So haben sich die «WirStillenHunger» Aktionen schon herumgesprochen und immer häufiger verteilen wir die Grundnahrungsmittel über das Quartier um Manes zuhause herum aus.
Noch haben wir nicht die Gelegenheit gehabt, ein eigenes Haus zu bauen für Coeurs des Enfants. Trotzdem verfolgen wir weiterhin dieses Ziel ,denn der Wunsch nach dem Haus, von dem aus wir mit unserem Projekt «Coeurs des Enfants» wirken können, bleibt bestehen. Neben den Finanzen, welche für das geplante Haus «Coeurs des Enfants» noch nicht vorhanden sind, arbeiten auch die entsprechenden Büros in Mbour noch nicht wie erhofft. Neben den Bürgermeisterwahlen im Januar 2022 hier in Senegal bringt auch die kommende Präsidentschaftswahl hier im Lande alles etwas ins Wanken. Obwohl die Wahlen erst zu Beginn des kommenden Jahres sind, gibt es schon etliche Unruhen und Krawalle. Schon im Jahr 2021 gab es einen ersten grossen zweiwöchige Aufstand, welchen ich miterlebte und der sehr eindrücklich war. Vieles erlebte ich in den zwei Krawallwochen zum ersten Mal. Ich war bestürzt, beeindruckt und voller Gedanken bei all den Aktionen, die stattfanden. Eindrücklich war es, als sie die Medien plötzlich runtergefahren haben und alles rund um die Krawalle blockiert wurde. Keine dieser Informationen sollte das Land verlassen. Plötzlich war alles rund um das Land blockiert und unter Verschluss gewesen. Was für ein Gefühl der Ohnmacht. Und nun gehen sie weiter. An verschiedenen Tagen sind aktuell die unterschiedlichsten Aufstände zu erleben. Es scheint als dreht sich nun alles um diese Wahl, denn auch in den Rathäusern drehen die Mühlen langsamer. Kundgebungen, lange Wartezeiten, Auseinandersetzungen, Polizeieinsätze, Gewalt und Diskussionen sind sehr präsent und Teil des Alltags geworden. Überall hört man die Gespräche und Diskussionen über die unterschiedlichen Meinungen bezüglich der richtigen Wahl. Und die Telefonie aller Privatpersonen ist plötzlich kontrolliert. Jedes Privattelefonat wird nach wenigen Sekunden unterbrochen und von Stille geprägt. Die Internetverbindungen sind öfters als gewohnt unterbrochen und das Gefühl der Ohnmacht steigt wieder damit auf.
Diese Realitäten machen es uns nicht sehr einfach, die Umsetzung des Wunsches nach einem Haus zu realisieren. Doch wir lassen uns deshalb auch nicht aufhalten oder kommen von unseren Wünschen und Ziele ab. Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Realitäten so anzunehmen und daraus das Möglichste zu kreieren. Denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Unser Wille und unsere Geduld sind gross. Unsere Kreativität bringt uns immer wieder auf neue Wege in Richtung unseres grossen Zieles. Wir sind unglaublich dankbar, dass wir im zuhause von Mane eine vorübergehende Basis gefunden haben, von der aus wir schon so einige Ziele und Wünsche von Coeurs des Enfants realisieren konnten und stets können. Es ist wundervoll, gemeinsam mit Mane die Grundnahrungsmittel zu verteilen oder die grossen Mahlzeiten zu kochen. Denn sie ist nicht nur eine grossartige Köchin, die auf den unterschiedlichsten Festen zum Kochen engagiert wird, sondern sie hat auch unzählige Kontakte und Beziehungen zu Menschen, denen wir mit dem Verteilen von Grundnahrungsmitteln die Alltagssorgen immer wieder mal etwas nehmen können. Sobald der Moment da ist, an dem es politisch wieder etwas ruhiger ist und wir auch die finanziellen Mittel zusammen haben, um das Haus zu bauen, werden wir alle zusammen ein einzigartiges Zuhause von Coeurs des Enfants in Senegal kreieren und schaffen. Wir können diesen Augenblick kaum erwarten und geben weiterhin alles, um diesen grossen Wunsch zu realisieren.