WIR erleben & SIE erleben

Teilen Sie ihre Erlebnisse mit uns und der Welt

Wir freuen uns auf Ihren Beitrag per E-Mail: verein@coeursdesenfants.org

…und da plötzlich huschte ein Erdmännchen an uns vorbei

…und da plötzlich huschte ein Erdmännchen an uns vorbei

Jedes Mal, wenn ich Madiakher gesehen habe, nachdem er von Mboulem von unserem Grundstück zurück kam, schien er mir voller Frieden und Leichtigkeit zu sein. Es kam mir vor, als wäre jeglicher Stress und Anspannung von ihm abgefallen, komplett bei sich und auf eine wunderbare Weise innert kürzester Zeit zu hundert Prozent erholt. Es gab Monate, in denen er täglich dahinfuhr, aber auch Tage an denen er nur ganz kurz nach dem Rechten schaute. Auch wenn er nur kurz da war, machte er mir auch diesen erholten und friedlichen Eindruck. Ich fragte mich immer wieder, was unser Grundstück in Mboulem für ein Ort ist. Madiakher erzählte mir immer von diesem grossen, dem grössten Baobab von Mboulem, der direkt auf dem Grundstück neben uns steht. Der sei ganz besonders und würde eine unglaubliche Kraft von sich geben. Von Bildern und Videos, die Madiakher gemacht hatte und von all seinen Erlebnissen, welcher er mir erzählt hatte, konnte ich mir eine Vorstellung von Alldem machen und ein gewisses Gefühl dafür bekommen. Doch ich wollte selber dahin gehen und all dies erleben. Was für ein wundervoller Ort dies wohl sein mag und wir das Glück haben, da zwei einzigartige Grundstücke zu besitzen.  

Als wir die zwei nebeneinander liegenden Grundstücke gekauft haben, vertraute ich Madiakher komplett. Ich kannte weder den Ort noch war ich zu diesem Zeitpunkt in Senegal. Ich war nach drei Monaten in Senegal wieder zurück in der Schweiz, Corona hatte uns eingeholt, das Reisen war unmöglich und ich war inmitten des Aufbaus von Coeurs des Enfants von der Schweiz aus. Und so wie Madiakher mir vertraute, vertraute ich ihm. Ich wusste, er würde ein Grundstück finden, welches alle entsprechenden Papiere mitbringt sowie ein ganz besonderer Ort sein wird. Seit diesen Zeitpunkt befasste ich mich zusammen mit Madiakher unzählige Stunden mit dem Grundstück. Es ging um die Suche ein geeignetes Grundstück, um die Grundstückpapiere, um die Registrierung beim Quartierchef, um Zahlungen sowie um die Planung, was und wie wir auf dem Grundstück bauen möchten und werden. Schon in der Schweiz, ungefähr im Sommer 2020 begann die Zeit mit der Auseinandersetzung mit dem Grundstück und zog sich bis zum heutigen Tage im Mai 2023. Vom ersten Moment an, an dem wir dieses Grundstück gekauft haben, wussten wir, es wird einmal das Zuhause von uns und Coeurs des Enfants sein. Nach dem Kauf starteten wir direkt mit den Grundstückmauern und dem Bau des schon vorhandenen und verfallenen Brunnens. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch immer in der Schweiz, sodass ich stetig durch unsere Telefonate und Bilderaufnahmen von den Fortschritten hörte und über die nächsten Schritte sprach. Aus strategischen Gründen war ich auch beim Ausbau des Brunnens sowie beim Bau des Gartenhäuschen nicht dabei. Denn sobald eine weisse Person auftaucht, steigen jegliche Preise und alles verkompliziert sich ein wenig.

Die Vorfreude und die Lust, unbedingt einmal selber auf dem Grundstück zu stehen, die Atmosphäre zu erleben sowie die Umgebung zu erleben stieg von Tag zu Tag. Ich wusste von Madiakher, dass der Weg dahin zu dem etwas ausserhalb liegenden Dörfchens von Mbour anstrengend zu erreichen ist, würde man mit den öffentlichen Taxis dahin gehen. Auf der Route gibt es keinen Schatten und auch auf dem Grundstück ist die Hitze total hoch, da wir noch keine grossen Bäume darauf haben, welche uns Schatten und etwas Kühle spenden könnte. Auch würden die öffentlichen Taxis nur ganz früh am morgen fahren und danach die letzten Taxis von Mboulem zurück nach Mbour kurz vor dem Mittag wieder zurück fahren. 

Grundsätzlich ist Mboulem nicht schwierig zu erreichen, respektive nicht weit von Mbour entfernt. Es sind die Strassenverhältnisse und der Anschluss an die Stadt, welche ausbaufähig sind. Da Mbour selber schon sehr stark besiedelt ist und es praktisch keine freien Grundstücke mehr gibt, zieht es die Bevölkerung zu den etwas ausserhalb liebemden Grundstücken wie beispielsweise eben Mboulem. Es ist etwas ausserhalb aber noch immer gut nahe an der grossen Stadt Mbour. Je mehr Menschen nun  Grundstücke in Mboulem gekauft haben und am Bauen ihrer Häuser sind, umso mehr steigt das Interesse der Stadt, auch die Strassen und die Infrastruktur dahin auszubauen. Auch munkelt man, dass ein internationaler senegalesischer Weltstar um Mboulem herum einige Grundstücke gekauft hat und grosse Pläne damit hat. Auch wäre man nun daran, weitere Strassen zu bauen um all diese Grundstücke und Dörfer zu verbinden.

Heute morgen früh war der Zeitpunkt gekommen. Es ist mitte Mai und kurz vor unserer Abreise in die Schweiz. Wir haben einen befreundeten Taxifahrer gebucht für eine Fahrt nach Mboulem. Es soll mein erster Besuch auf dem Grundstück sein. Ich war richtig aufgeregt und voller Freude. Endlich konnte ich schauen, ob sich meine Vorstellungen mit der Realität deckten. Und endlich konnte ich diese Atmosphäre da selber erleben. Wir fuhren aus der Stadt hinaus und bogen auf die kleine Seitenstrasse ab, welche nach Mboulem führt. Ab diesem Zeitpunkt an gab es keine geteerten Strassen mehr und wir suchten uns den vorgepfadeten Weg nach Mboulem. Zu Beginn dieser Strecke war die Strasse noch mit rotem Sand präpariert. Nach dem wir aus dem ersten etwas ländlichen Dörfchen raus waren, breitete sich, soweit das Auge reichte, einfach karge Sandlandschaft aus. Unzählige Baobab Bäume (Affenbrotbäume) wachsen überall und verleihen dieser kargen Landschaft einen einzigartigen Zauber. Esel, Kühe und Hühner waren immer wieder zu sehen und da plötzlich huschte ein Erdmännchen an uns vorbei. Was für ein Moment das für mich war. Bis anhin habe ich Erdmännchen nur im Zoo gesehen. Doch so echt in seinem Lebensraum ist es einfach einzigartig. Plötzlich wie aus dem Nichts kreuzte uns eine weitere grosse rote Sandstrasse und ich konnte zwei Bauarbeiter ausmachen. Krass, hier im angeblichen Nichts gibt es eine Kreuzung von den zwei einzigen «offiziellen» grossen Strassen und dann ist da noch eine Baustelle. Sie erweitern die rote Sandstrasse in die Richtung der Grundstücke dieses Weltstars. Vielleicht sind die Gerüchte nicht nur Gerüchte, ging es mir durch den Kopf. Der eine Bauarbeiter, der auf uns zukam, freute sich sichtlich, denn er erkannte Madiakher direkt. Die beiden kennen sich, denn er wohnt in Mboulem und Madiakher ist als Trommler und Tänzer sowie auch nun als Grundstückbesitzer da bekannt und mit den Menschen da befreundet. Er bräuchte Feuer und fragte uns nach einem Feuerzeug. Wenn wir auf dem Rückweg wären, würde der Ataya bereit sein für uns, teilte er uns mit. Als sich die Männer kurz unterhielten, stieg ich aus dem Auto aus, denn ich wollte sehen, wie es sich anfühlt, inmitten der Sahelzone in dieser kargen Sandlandschaft zu sein und auf allen Seiten kein Häuschen oder Dörfchen zu entdecken. Eindrücklich, diese Weite und diese Kraft der Natur. Und wieder einmal spürte ich, wie klein wir alle doch sind und wie mächtig die Natur um uns herum ist. Der Himmel schien weit weg zu sein wodurch die Weite und die Natur noch viel intensiver zu spüren war. Einige Wolken zogen auf und es breitete sich eine Stimmung aus, welche den Regen erahnen lässt. Es fühlt sich an als ginge es nicht mehr lange und die Regenzeit könnte in den nächsten Tagen starten. Wann wohl der erste Regentropfen fallen würde? Werden wir ihn noch erleben vor unserer Abreise in wenigen Tagen? 

Die Fahrt ging weiter und schon bald haben wir unser Ziel erreicht. Wir fuhren auf das Grundstück zu und plötzlich tauchten die mir bekannten zwei roten Eingangstüren vor mir auf.Wow! Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als ich diesen wahnsinns grossen Baobab vom Grundstück nebenan sah. Der ist wirklich gigantisch und einzigartig. Ich kam mir daneben wie eine kleine Ameise vor. Er strahlte eine unglaubliche Kraft aus und nahm alles um ihn herum in diese Atmosphäre mit ein. Die Türe aufgeschlossen, betrat ich zum ersten Mal unser Grundstück. Was fühl ein Gefühl!

Ich schaute mir alles an und liess die Stimmung auf mich wirken. Definitiv ist das hier ein besonderer Ort. Weshalb? Ich kann es nicht wirklich in Worte fassen, denn ich fühle mich einfach wie verzaubert, voller Frieden und total entspannt. Auf der anderen Seite des Grundstückes ist unser Brunnen. Ich ging auf ihn zu und hielt Ausschau nach einer Echse, welche im Wasser von unserem Brunnen ihr Zuhause gefunden hat. Ich schaute hinein und war total erstaunt. Ich hatte ihn weniger tief in Erinnerung, doch der war wirklich sehr tief. Ein weiteres Mal war ich tief beeindruckt von all der Handarbeit, welche die Handwerker an den Tag gelegt hatten, um diese Tiefe zu graben und den Brunnen zu bauen. Obwohl wir nun seit Monaten Trockenzeit haben, ist noch immer Wasser drin. Wie kann dies sein? Denn eigentlich ist er in der letzten Regenzeit ganz unten etwas eingestürzt durch einen Erdrutsch und müsste repariert werden. Dies wollten wir nun während der Trockenzeit machen, doch der Brunnen wurde und wurde nicht trocken. Ein wundervoller Brunnen. Nachdem ich kurz noch im Gartenhäuschen war und es von innen betrachtete, schlenderte ich noch etwas durch die noch kleinen Bäumchen und genoss einfach die Zeit auf dem Grundstück. Hier werden wir eines Tages leben. Wundervoll.  

Keine fünf Minuten auf dem Grundstück,, wurden wir schon von einer Bewohnerin von Mboulem, einer älteren Dame begrüsst und mit ihr von einigen Kindern. Sie freuten sich offensichtlich über Madiakher, sie hätten ihn vermisst. Immer wenn Madiakher nach Mboulem kommt, kämen sie vorbei, halfen mit oder leisteten ihm Gesellschaft. Die einen waren die Kinder von Lala, einer Freundin von Madiakher, die ganz in der Nähe von unserem Grundstück lebt. Sie half uns immer wieder mal bei den Bauarbeiten oder beim Roden mit ihrem Esel und der Kutsche aus. Auch schaut sie immer wieder nach dem Grundstück sowie nutzt das Wasser unseres Brunnens. 

Wieder zurück im Auto fühlte ich mich total erholt, voller Energie, entspannt und voller Lebensenergie. Es ist wirklich ein friedlicher Ort, der heilend wirkt und einem mit Energie füllt. Ich war voller Glückseligkeit. Und während wir zurück fuhren, schweiften meine Blicke über diese wundervolle Sandlandschaft, meine Gedanken folgen mit ihm und ich war einfach nur glücklich hier sein zu dürfen. Auch ja, als wir bei der kleinen Baustelle wieder vorbei kamen, war der Ataya wirklich bereit und sie boten uns ein Gläschen an :)

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"