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So startete er in unterschiedlichste Manöver (Teil 4)

So startete er in unterschiedlichste Manöver (Teil 4)

Auf Hochtouren wurde nun die andere Hälfte des Hauses bereit gemacht, um in Kürze die zweite Hälfte des Daches giessen zu können. Dafür mussten die Räumlichkeiten eine stabile Mauer sowie ein gutes Fundament haben. Da die Mauern und generell die Räumlichkeiten schon ein gutes Alter aufweisen, gab es bei allen Mauern auch kein wirkliches Fundament, welches ein Dach halten könnte. So wurde bei jedem Anfang und Ende der Mauern nach unten etwas gegraben, ein Fundament nachträglich eingebaut und mit einem starken Pfosten versehen, welche die Mauer stabilisieren sollte. Was für eine langwierige Arbeit, die jedoch von sehr grosser Bedeutung war. Zeitgleich wurde bei den Zimmern, welche nun ein Dach hatten, die noch vorhandenen Löcher aufgefüllt. Es mussten schon zu Beginn der Bauarbeiten Löcher in die Wände gemacht werden, damit die Holzbalken da hinein geschoben werden konnten für das Baugerüst. Diese wurden nun nach und nach wieder verschlossen und die Wände verputzt.

Es dauerte nicht sehr lange und die zweite Hälfte des Daches konnte mit Zement gegossen werden. Einige Wochen lang musste das Dach nun benetzt werden für ein regelmässiges und komplettes Trocknen der Zementschichten. Mittlerweile standen wir etwas unter Zeitdruck, denn durch den Arbeitsunfall dauerte die Baustelle schon länger an als wir dies geplant hatten. Während Mane, eine Tochter von ihr, ihre Kinder sowie noch zwei weitere Grosskinder von Mane in der Boutique (Lebensmittelgeschäft) von Mane lebten, die Brüder von Madiakher auch für die Zeit einen anderen Unterschlupf gefunden hatten und Mbaya mit ihren vier Kindern ein gemietetes Zimmer in der Nähe bezogen hatten, war die Verzögerung der Bauarbeiten etwas schmerzhafter. In der Boutique war nicht viel Platz zum Stehen, geschweige denn zum Schlafen von zwei Erwachsenen und mindestens vier Kindern. Sie haben die Matratzen für die Nacht unter die Gestelle geschoben, sodass mit eingezogenen Beinen alle knapp ein Plätzchen fanden. Doch zu den Matratzen und dem Schlafplatz war auch noch ihr ganzes Hab und Gut mit drin. Ihr könnt euch vorstellen, diese wenigen Quadratmeter waren ziemlich klein und auch ungemütlich auf die Dauer. Auch Mbaya mit ihren vier Kindern konnte nicht mehr allzu lange in dem gemieteten Zimmer bleiben, denn die Miete wurde von Monat zu Monat teurer. Es war klar, um  wieder eine gewisse Qualität an Schlaf und Unterkunftsräumlichkeiten bieten und Kosten einsparen zu können, mussten die Bauarbeiten nochmals beschleunigt werden. Dazu kam die Aussicht auf die Regenzeit, welche immer näher rückte. Vor der Regenzeit soll mindestens der untere Stock zu Ende gebaut sein, sodass sie im Trockenen sein können und nicht mehr auf der Baustelle leben müssen. 

Die Bauarbeiten zogen sich weiterhin in die Länge, da der Bauherr versuchte, an mehr Bezahlung zu kommen. So startete er die unterschiedlichste Ausreden, weshalb er heute nicht arbeiten kommen kann, war nicht mehr erreichbar oder begann sich bei Mane zu beschweren, dass sein Baumaterial abhanden gekommen wäre. Diese Unwahrheiten deckte Madiakher unglaublich schnell auf, sodass der Bauherr schnell merkte, diese Spielchen funktionieren bei uns nicht. Weiterhin war Madiakher jeden Tag auf der Baustelle und das Zimmer von Mbaya konnte schon bald gestrichen werden. Madiakher strich das Zimmer direkt selbst, sodass es zügiger vorwärts ging. Ihr Zimmer war das erste, welches wieder offiziell einzugsbereit war. Und während wir noch immer mit dem Bauherr schauten, wie wir einen Weg finden können, waren auch schon Mane, ihre jüngste Tochter und alle Kinder wieder in die neuen Räumlichkeiten eingezogen. Die Zimmer waren jedoch noch nicht fertig, sodass sie einfach mit der Matratze wieder ins Zimmer zogen, das Hab und Gut noch in der Boutique gelagert hatten und je nach Bauarbeit sie im einen oder anderen Zimmer die Nächte und Pausenmomente vom Tag, verbrachten.  

Nur noch wenige Arbeiten standen bevor. Mittlerweile hat Madiakher alle Fenster und Türen für die Zimmer gekauft und auch die Haupteingangstüre sowie die Gitterfenster anfertigen und nach Hause transportieren lassen. Alles Material war bereit, um es einzubauen. Eine Türe und ein Fenster nach dem anderen wurde eingebaut und der untere Stock nahm immer mehr an Wohnlichkeit an. 

Die Bauarbeiten zogen sich und gingen nur schleppend voran. Jeden Tag ging Madiakher früh morgens los, um den Bauherrn aufzusuchen sowie zu schauen, dass dieser auch noch nach ein paar Stunden auf der Baustelle blieb. Wir haben ihn damit beauftragt, noch weitere Bauarbeiter anzustellen, damit das Verputzen der Zimmer auch etwas zügiger voran ging. Jeden Tag gab es einen neuen Grund, weshalb er niemanden gefunden hätte als weitere Unterstützung. Es kam so weit, dass Madiakher selbst loszog und Verstärkung für das Team beim Zimmerverputzen suchte und auch direkt auf Anhieb fand. 

Madiakher und ich waren kurz vor der Abreise und schauten, dass es bis dahin genügend Baumaterial vor Ort hat und sein jüngerer Bruder die kommenden Arbeitsschritte etwas kannte, um danach vor Ort die Leitung, zusammen mit Madiakher gecoacht zu übernehmen. Auch Mane wurde angeleitet, sodass sie vor Ort gut vorbereitet waren auf die Zeit nach unserer Abreise. Von der Schweiz aus telefonierte Madiakher täglich mehrmals mit seinem Bruder, mit Mane, Mbaya und Dada, um alle restlichen Arbeiten zu koordinieren. Wir waren noch keine Woche in der Schweiz, als es im Senegal wieder zu grösseren Ausschreitungen kam. Politisch ist es in Senegal sehr angespannt, da es auf die Präsidentschaftswahlen zu geht. Kurz nach unserer Abreise war ein Gerichtsverfahren zwischen dem aktuellen Präsidenten und dem Anwärter. Gute zwei Wochen lang gab es im ganzen Land Krawalle und heftigste Auseinandersetzungen. Und plötzlich hatten wir keine Möglichkeit mehr uns mit unseren Leuten aus dem Senegal zu unterhalten. Alle online Kommunikationsmittel wurden eingestellt und auch das Internet wurde kontrolliert sowie zu Teilen eingestellt. Das Land befand sich in einem Ausnahmezustand. Zum Glück hat Madiakher jüngerer Bruder eine App entdeckt, über welche wir trotzdem nach einem Tag wieder telefonieren konnten. So zogen sich die letzten kleinen Arbeitsschritte im Haus Mane noch weiter hin. Glücklicherweise haben wir vor unserer Abreise noch einen kleinen Betrag in CFAs für das Projekt dagelassen. Denn auch das Geldüberweisen war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sicher. So konnten sie trotzdem vor Ort noch weiter handeln und endlich den unteren Stock von Manes Zuhause, zu Ende umbauen.  

Was für ein Glück und Veränderung der Lebensqualität, welche die erste Etappe des Umbaues erzielte. Die Regenzeit steht vor der Türe. Ihr müsst euch vorstellen, zum einen ist es unglaublich heiss und dazu ist die Luftfeuchtigkeit stetig am Steigen. Das neue Dach, welche nun das zuhause von Mane zierte, schützt sie nun nicht nur vor dem Regen sondern reduziert auch die Hitze. Stellt euch vor, was für eine Hitze in einem Schlafzimmer herrscht, wenn die Sonne den ganzen Tag auf ein Wellblechdach brennt und die schon vorhandene Hitze verdoppelt. Die Dankbarkeit und die Freude über die neu gewonnene Lebensqualität konnte Mane kaum in Worte fassen. Nun müssen sie in der Nacht nicht mehr aufwachen, weil der Regen eingesetzt hat und schnell Kübel unter die Löcher des Daches schieben. Das ganze Zuhause ist trocken und das ganze Hab und Gut wird nicht mehr nass. Die nun neue Eingangstüre verschliesst das Haus sicher und schützt sie auch in der Nacht besser vor Einbrechern. Denn zuvor gab es keine Eingangstüre. Es waren einfach einzelne Zimmer, welche das Zuhause von allen bildeten. Auch Billy der gerettete Strassenhund von Madiakher und der Familie ist voller Zufriedenheit. Denn auch er hat endlich ein Plätzchen zum Schlafen, welches ihn vor Regen schützt. Er hat grosse Angst vor Wasser und Regen, sodass auch er in der Regenzeit immer nach einem trockenen Plätzchen Ausschau hält. Auch die Nachbarn und Verwandten, welche nebenan wohnen, kommen nun noch öfters bei Mane vorbei. Auch sie suchen ein sicheres und etwas kühleres Plätzchen und freuen sich immer auf einen Besuch bei Mane. 

In Worte kann ich kaum beschreiben, wie gross das Glück der Familie von Mane und von Mane selber ist. Die Dankbarkeit und die Erleichterung sind ihnen regelrecht ins Gesicht geschrieben und das Leuchten in den Augen bringt die Freude über die neu errungene Lebensqualität zum Ausdruck. 

Mit «Coeurs des Enfants» wollen wir genau solches erreichen. Wir möchten Hilfe zur Selbsthilfe leisten bei Menschen, welche aus eigenen Kräften keine Chance hätten, sich bessere Lebensumstände zu schaffen. Nun freuen wir uns darauf, bald mit der zweiten Etappe des Projektes «zuhause Mane» zu starten. Denn der Bau des unteren Teils war erst der erste Schritt. Und bekanntlich folgt auf einen ersten Schritt ein zweiter Schritt. Daran sind wir schon fleissig am Planen und in die Wege zu Leiten. Denn aktuell mit der Regenzeit müssen wir schauen, wann der zweite Schritt eingeleitet werden kann. Doch vor der Umsetzung kommt die Planung und diese wollen wir genau so gründlich machen wie die Umsetzung. Und sobald es wieder los geht, berichten wir euch hier wieder über all die Erlebnisse, Hürden und Erfolge. 

Seid lieb gegrüsst,

Muriel & Madiakher

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"