WIR erleben & SIE erleben

Teilen Sie ihre Erlebnisse mit uns und der Welt

Wir freuen uns auf Ihren Beitrag per E-Mail: verein@coeursdesenfants.org

Sie war auf der Suche nach Nahrungsmitteln

Sie war auf der Suche nach Nahrungsmitteln

Wir wollten die noch etwas kühle Morgenzeit nutzen, sodass wir uns früh morgens auf den Weg machten. Die Boutique (Lebensmittelladen) hatte noch geschlossen, denn aufgrund des Ramadans, wird sie erst später geöffnet. Durch kleinere und grössere Strassen ging es los in Richtung Mama Mane. Wir kauften noch etwas Brot und Kaffee. Angekommen bei Mama Mane kochten wir auf dem Feuer einen Kaffee und Madiakher ging auf den Markt. Was wir vor hatten? Als wir die letzte grosse Mahlzeit gekocht hatten, das Yassa Pouelt, hatten wir weniger Ausgaben für die Nahrungsmittel, als wir berechnet hatten. So blieb etwas an Geld übrig. Wir wollten damit eine weitere Mahlzeit kochen, doch da kam uns in den Sinn, dass der April der Monat des Ramadans ist. Ein Mittagessen zu kochen wäre unangebracht. So kamen wir auf die Idee, dass wir Nahrungsmittel einkaufen, verpacken und danach an armutsbetroffene Familien verteilen könnten. So haben sie Grundnahrungsmittel und können am Abend nach der Fastenzeit kochen. Von der Idee zur Tat geschritten. Am 13. April war es so weit und Madiakher kaufte zwei 50kg Säcke Reis auf dem Markt sowie einen grossen Kanister Öl. Wie viele Liter es genau waren habe ich vergessen, doch es waren einige und der Kanister schwer zu tragen.

Während Madiakher auf dem Markt war blieb ich im Haus bei Mama Mane und frühstückte mit der Schwester von Madiakher und den Kindern. Die grösseren Kinder waren schon unterwegs und die beiden Kleineren waren erst gerade aufgestanden. Sie konnten es kaum erwarten, mit uns zusammen zu frühstücken, denn das Geld reicht nicht, damit immer, etwas fürs Frühstück bereit ist. Es war eine friedliche Stimmung. Mama Mane war fleissig daran, ihre Boutique zu putzen und wir anderen kümmerten uns um die Kinder. Als wir ein Auto hörten, hüpfte das Mädchen auf meinen Knien auf und rief: “Madiakher da niou.» | «Madiakher kommt.» 

Eine ältere Dame kam die Strasse entlang. Sie ging von einer Strasse zur anderen, von einem Haus zum nächsten. Sie war auf der Suche nach Nahrungsmitteln, welche ihren Hunger und der ihrer Familie am Abend nach der Fastenzeit stillen sollte. Als Madiakher vom Markt zurück kam sah er die ältere Dame und sie erzählte ihm von ihrer Not. «Gott hat dich zu uns geschickt». Wir sind froh, bist du zu uns gekommen. Gibt uns ein par Minuten, wir sind sobeben daran Reis und Öl abzupacken, sagte Madiakher zur älteren Dame. Diese wartete geduldig und beobachtete uns. In ihrer Weise wie sie uns beobachtete, konnte man ihre Erleichterung und Dankbarkeit erahnen. Sie musste heute nicht noch weiter auf Nahrungsmittelsuche und konnte der langen Suche in der grossen Hitze entgehen. 

Wir legten also los. Mama Mane, die eine Schwester von Madiakher und ich füllten die Tüten zu je 2kg Reis. Zuvor hatte Madiakher die zwei 50kg Säcke Reis in eine grosse Schüssel geben. So war es einfach, den Reis in die Tüten zu schöpfen. Der Reis eingetütet, füllten wir das Öl in kleinere Tütchen ab und packten es zum Reis. Die Kinder um uns herum spielten und tanzen und wollten am liebsten beim Verpacken des Reises mithelfen. Eine weitere Schwester von Madiakher, die einige Strassen weiter wohnt, hat über die Kinder von uns gehört und sie packte mit an. Im nu war alles verpackt. Madiakher und ich und eine Schar Kinder, gingen bepackt mit den Säcken zu den verschiedenen armutsbetroffenen Grossfamilien. Die ältere Frau, welche geduldig gewartet hatte, bis wir die ersten Tüten verpackt hatten bedankte sich und sprach ein Gebet für uns. Sie war heute nicht die einzige ältere Dame, welche den Weg zu uns fand und sich in grosser Not befand. In unzählige strahlende, dankbare und erleichterte Gesichter haben wir heute geblickt. Viele Gebete wurden als Dank für uns und alle, welche es möglich gemacht haben, gesprochen. Voller Erfüllung machten wir uns auf den Rückweg und konnten unsere Dankbarkeit kaum in Worte fassen. Madiakher sprach, den Blick in die Weite gerichtet, wie grossartig es ist, was wir ermöglicht haben. Aufgewachsen in grosser Armut, weiss er wie es sich anfühlt, Hunger zu haben. Begegnet er jemandem der auch Hunger hat, gibt er ihm das wenige Essen, das er hat. Er braucht nicht viel und das was er fürs Leben benötigt, wird er finden, so seine Weise. Dieser heutige Morgen war ihm eine Ehre und erfüllte ihn zutiefst. Sein Wunsch ist es, stetig zu unterstützen, sich sozial zu engagieren und gegen die vorhandene Armut etwas zu tun. 

Wir kommen an eine grössere Strasse und hörten, wie ein Hund bitterlich jaulte. Schon von weitem konnte Madiakher erahnen, was sich da abspielte und seine Schritte beschleunigten sich. Zwei Jungs hatten einen Hund an den Beinen festgekettet. Es schien ein junger Hund zu sein, welcher um sein Überleben kämpfte. Heftig sprach Madiakher auf die beiden Jungs ein und forderte sie auf, den Hund loszuketten. Sie zogen die Kette fester. Wir erfuhren, dass der Hund überhaupt nicht ihnen gehörte. Doch was sie genau vorhatten konnten wir nicht herausfinden. Denn bevor die Jungs reagieren konnte, riss Madiakher die Kette los und der Hund hörte augenblicklich auf zu jaulen. Mit klaren Worten sprach er auf die beiden Jungs ein und belehrte sie. Solche Augenblicke machen uns fassungslos. Schweigend gingen wir weiter und es schien mir, als hätten wir dieselben Gedanken. Am liebsten hätten wir den Hund mitgenommen und ihm ein friedliches Zuhause gegeben. Nach einer Zeit sprach Madiakher weiter.

Bis zum heutigen Tag hätte er noch nie die Möglichkeit gehabt, anderen Menschen so viel auf einmal zu geben und ihnen für einen kurzen Augenblick die Sorgen zu nehmen. Am liebsten würde er regelmässig den Mitmenschen nicht nur eine Tüte Reis ermöglichen, sondern einen ganz grossen Sack. Voller Dankbarkeit kamen wir Zuhause an und freuten uns auf die etwas kühle Wohnung, denn die Sonne hatte mittlerweile schon eine gute Hitze erzeugt. 

Mit 100 CHF haben wir an diesem Tag, etwa 50 von starker Armut betroffene Grossfamilien, mit Reis und Öl versorgt. Sie haben heute alle ein gutes und für alle sättigendes Abendessen bekommen. Wir wünschen uns sehr, dass wir weiterhin gemeinsam mit euch, durch #wirstillenhunger Nahrungsmittel verteilen und Mahlzeiten ermöglichen können für die armutsbetroffenen Personen in Mbour. 

Auf unserem Youtube Kanal kannst du Augenblicke dieses Morgens miterleben sowie auf unseren sozialen Medien weitere Fotos anschauen. Ich möchte aber an dieser Stelle sagen, dass wir bewusst nur Aufnahmen beim Abpacken gemacht haben. Menschen zu unterstützen und sie im selben Augenblick zu filmen, empfinden wir als sehr unangebracht. Unsere Unterstützung soll bedingungslos sein. So sind unsere Aufnahmen von uns und denjenigen Menschen, die ihre Erlaubnis für Aufnahmen gegeben haben. 

Ihr könnt sicher sein, dass eure Spenden zu 100% in die Nahrungsmittel für die #wirstillenhunger Aktionen fliessen und somit den Menschen hier vor Ort in Form von Nahrungsmitteln weitergegeben werden. 

Es ist uns eine Ehre dürfen wir in Eurem Namen den Menschen hier vor Ort Nahrungsmittel und Mahlzeiten ermöglichen. Dies ist für uns nicht selbstverständlich und bedeutet uns und unseren Mitmenschen unglaublich viel. 

Seid lieb gegrüsst von uns aus dem Senegal. Wir senden euch viel Sonnenschein und Wärme.

 

Muriel & Madiakher

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"