…heute wird gewaschen
Heute steht Kleiderwaschen auf meiner Tagesordnung. Eine Tätigkeit, welcher ich nie grosse Bedeutung beigemessen habe und ich immer nebenbei erledigt habe. Wer kennt es nicht aus dem Haushalt in der Schweiz. Neben meiner Haupttätigkeit mache ich noch schnell eine Wäsche, sodass sie nach ca. eineinhalb Stunden gewaschen ist und ich sie wechseln kann. Hier ist das Wäschewaschen auch eine Handlung, in der mehrere Tätigkeiten zur selben Zeit gemacht werden, aber anders. Normalerweise beginnt das Wäschewaschen früh am Morgen, wenn die Temperaturen noch nicht sehr heiss sind. Heute ist es bewölkt und kalt, somit beginne ich etwas später mit dem Waschen. Doch was bedeutet das überhaupt. Zuerst schaue ich, dass ich genügend Behälter habe, um die Wäsche in Wasser einzulegen. Aber halt, noch benötigte ich Wasser. Meine Wäsche wasche ich im ersten Stock. Hier gibt es zwar im Bad einen Wasseranschluss, wobei da nur selten Wasser kommt und wenn es Wasser gibt, dann nur einen dünnen Strahl. Unten beim Haupteingang hat es einen Wasseranschluss der ziemlich kontinuierlich Wasser gibt. So gehe ich auf die Suche nach jemanden der mir die schweren Wasserkanister nach oben tragen kann. Hier wird es nicht gerne gesehen, wenn Frauen schwere Lasten tragen. Und wenn immer möglich schauen die Männer, dass sie den Frauen die schwere Last abnehmen können. Daran musste ich mich zuerst gewöhnen. Das Wasser steht nun bereit und das Waschmittel habe ich soeben aus der Boutique nebenan gekauft. Es ist ein kleines Plastiktütchen mit dem Spülmittel. So kann Portionenweise Waschmittel gekauft werden und es muss nicht direkt eine ganze Flasche finanziert werden. Ich lege die Wäsche erst in Wasser etwas ein, danach füge ich das Spülmittel hinzu und beginne mit dem Waschen. Mit den Gedanken schweifte ich plötzlich ab. Das Waschen ist eine körperliche Arbeit, sodass ich das heutige Sportprogramm mit dem Waschen der Kleider begann. Die Gedanken führten mich zu den verschiedensten Überlegungen sowie zu einem Trace ähnlichen Zustand. Ich befand mich in einer Mediation. Und plötzlich befand ich wieder zurück auf dem Balkon am Wäsche waschen. Die Wäsche war fast zu Ende gewaschen als Papa auf den Balkon kam und mich mit «Salamalekum» zurück ins Jetzt holte. «Malekumsalam» grüsste ich zurück und blickte in ein strahlendes Gesicht. Alle nennen ihn liebevoll «Papa» und schätzen seine Anwesenheit sehr. Er ist 86 Jahre alt und sehr stolz darauf. Sein Gang ist gemächlich und etwas unsicher, es scheint mir als würde er nicht mehr gut hören und sehen. Doch ganz sicher bin ich mir da nicht, denn erkennen kann ich dies bei ihm nicht wirklich. Es ist sein Umfeld was mich durch die Verhaltensweisen darauf schliessen lässt. Gestern an einem Geburtstagsfest war er mitten in den Trommeln und Tänzer. Ich beobachtete, wie er da sass mit seinem grossen Lachen im Gesicht und als der Solotrommler für ihn trommelte begann er zu tanzen. Sitzend auf seinem Stuhl begann er mit Tanzbewegungen und entzückte alle die mit dabei waren. Was für ein schöner Moment, welcher er sichtlich genoss. Letztes Jahr als ich ihn kennen gelernt hatte erzählte er mit einem verschmitzten Lachen im Gesicht sein Wundermittel für sein langes gesundes Leben. Jeden Tag trinkt er mehrere Tassen Tee. Das Wundermittel jedoch sei der achte Teelöffel Zucker, den er dazu nimmt. Vor einigen Tagen musste er ins Spital, erzählte er uns gestern. Da möchte er nie mehr hingehen. Sie hätten es ihm nun untersagt Salz zu essen. Ein weiteres Mal dahin zu gehen und zu riskieren, dass sie ihm ein weiteres Nahrungsmittel untersagen möchte er nicht. Denn er befürchtet sie würden ihm den Zucker streichen, doch diesen könnte er nicht einfach weglassen. Auf sein Wundermittel möchte er auf keinen Fall verzichten. «Nan nga def, ma fille» fragte er mich. Wort wörtlich heisst «nan nga def» auf Wolof: bist du da? Es ist die bekannte Begrüssungsfrage, welche hier gepflegt wird zu fragen und sowie wie «wie geht es dir» bedeutet. Man ngi fi reek antwortete ich, worauf ich ein grosses Lächeln geschenkt bekomme. Dieser Mann ist eine Inspiration für viele Menschen hier, wie auch für mich. Stetig ein Lächeln im Gesicht, zufrieden mit dem Dasein und stetig mitten im Geschehen.
Die Wäsche ist nun aufgehängt, die Waschkübel mit dem schmutzigen Wasser weggeräumt und die leeren Wasserkanister wieder zurück gebracht beendete ich somit meine Mediation- und Sportprogramm für den Moment und starte in die Büroarbeit.