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Eure Unterstützung, euer Vertrauen und euer grosses Herz macht all dies möglich

Eure Unterstützung, euer Vertrauen und euer grosses Herz macht all dies möglich

Reges Treiben herrschte in den Strassen von Mbour und wir waren mittendrin. Je näher man der Innenstadt kam, desto stärker wurde das Gedränge in den Strassen. Autos, Lastwagen, Motorräder, Pferdetransporte, Fussgänger, Strassenkinder und die Marktverkäufer/innen, welche ihre Ware auf dem Boden oder auf Tischen ausgelegt hatten, alle waren da und jeder versuchte, seinen Weg zu gehen. Wir kamen am alten Krankenhaus von Mbour vorbei. Mittlerweile gibt es ein neueres etwas ausserhalb des Stadtzentrums. Das alte Krankenhaus ist aber noch immer rege in Betrieb. Ich sah, wie sicherlich über 100 Personen vor dem Krankenhaus anstanden. Mir fiel auf, dass heute besonders viele Frauen vor dem Krankenhaus warteten. Unzählige Fragen, Beobachtungen und Gedanken gingen mir durch den Kopf, als wir uns durch die Strassen schlängelten. Grosse Vorsicht ist geboten, wenn du durch diese Strassen gehst. Der Schnellere ist der Stärkere und gerade als Fussgänger musst du gut auf der Hut sein. So sind meine Augen überall und meine Ohren gespitzt, um möglichst auf alles reagieren zu können. Während mir zu Beginn meiner Zeit hier in Senegal die Momente auf dem Markt viele Kräfte raubte, ist es mittlerweile schon Gewohnheit. Ich war froh, dass die Hitze noch nicht so stark war, sodass alles noch etwas leichter ging. 

Wir waren auf der Suche nach Reis und Zwiebeln. Reis ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel hier und lässt einem gut satt werden. Zwiebeln sind aktuell sehr teuer. Durch den Regen ist die Ernte sehr gering ausgefallen, sodass es sich auf dem Markt natürlich dementsprechend zeigt. So sind die grossen Zwiebelsäcke hier in Mbour um die 11'000 CFA, wobei sie vor der Regenzeit noch etwas zwischen 6000 CFA – 8000 CFA gekostet haben. In anderen Städten sind die Preise noch um einiges höher. So gab es Wochen, an denen die Zwiebelsäcke in den anderen Städten bis zu 50'000 CFA gekostet haben. Gerade weil sie aktuell sehr teuer und für viele fast nicht mehr zu finanzieren sind, wollten wir mit der WirStillenHunger Aktion genau dies ermöglichen. Denn Zwiebeln zählen hier auch zu den wichtigsten Nahrungsmitteln und sind in fast allen Gerichten zu finden. Hat man nicht ausreichend finanzielle Mittel, ist eine Mahlzeit mit Reis an einer Zwiebelsosse doch noch mit wenig Geld zu finanzieren. Doch nun mit den gestiegenen Preisen der Zwiebeln hat sich die Situation geändert. 

Inzwischen hatten wir den Stadtteil mit den Lebensmitteln erreicht. Der Verkäufer sah uns schon von weitem und während er Madiakher begrüsste, waren seine Augen starr auf mich gerichtet. Ich grüsste ebenfalls «Salamaleekum». Madiakher erkundigte sich nach dem Preis der Reis- und Zwiebelsäcke. Immer ein Auge auf mich gerichtet, setzte der Verkäufer diese hoch an. Wir handelten den Preis weiter nach unten und erst als wir weiter gehen wollten und den Verkäufer stehen liessen, kam er uns mit dem Preis entgegen. Er beobachtete, wie Madiakher und ich zusammen Wolof sprachen und ich dann auch dem Verkäufer auf Wolof antwortete. «Sie ist eine Senegalesin, sie spricht Wolof!» Die Reaktion des Verkäufers amüsierte uns. Täglich sind wir mehrere Male in solchen Situationen. Zu Madiakher gerichtet fragte er mit einem Auge auf mich gerichtet, weshalb er mir Wolof beigebracht habe. So könne ich ja das Gesprochene verstehen und nicht mehr über den Tisch gezogen werden. Auch eine solche Reaktion ist uns nicht unbekannt und mittlerweile reagieren wir darauf nur noch mit einem Schulterzucken oder einfach mit der Antwort, dass es sich so gehört. Gegenseitiger Respekt sei eine Grundbasis für ein friedliches Zusammensein. Ein zustimmendes Nicken mit einem grossen Fragezeichen im Gesicht ist darauf hin meistens zu erkennen im Gesicht des Gegenübers. So auch dieses Mal beim Verkäufer.

Wir hielten nach einem Taxifahrer Ausschau, welcher uns die vier 50kg Reissäcke und die zwei grossen Zwiebelsäcke zum Haus von Mama Mane fuhr. Gerade als wir den Verkauf abgeschlossen hatten , manövrierte sich ein Lastwagen in eine Lücke vor unserem Lebensmittelgeschäft. Dort parkierten schon zwei grosse Autos. Diese waren gut ersichtlich, doch der Lastwagenfahrer schien diese nicht beachtet zu haben und geriet dadurch in eine durchaus unvorteilhafte Lage. So konnte er nicht mehr vor- oder rückwärts fahren ohne die beiden parkierten Autos zu beschädigen. Während der rollende Verkehr aufgehalten wurde und die ganze Strasse blockiert war, versuchten die Fussgänger sich einen Weg über die ausgestellten Reissäcke zu bahnen und zwischen den kleinen Lücken durchzukommen. Es benötigte wirklich einiges an Klettergeschick sowie ein kleines Körpermass, um durch diese wenige Zentimeter grossen Lücken zu kommen. Das Gedränge steigerte sich, bis unser Verkäufer das eine Auto  - sein eigenes –wegfuhr. Welch ein Gewusel!. In diesem Gedränge hat ein Helfer des Verkäufers über alle Fussgänger drüber unsere zwei Zwiebelsäcke in das Taxi transportiert. Wir mussten ein paar Strassen weiterfahren, um die Reissäcke im Lager zu holen. Nun gut, wir schlängelten uns durch den Engpass und stiegen ins Auto. Wir benötigten noch Plastiksäcke, um den Reis und die Zwiebeln abpacken zu können. Unser Verkäufer hatte nur die ganz teuren, die wir nicht kaufen wollten. Sein Helfer wusste, wo es noch andere gibt und stiegt aus, um uns welche wenige Strassen weiter zu verkaufen. Madiakher gab ihm Geld und er düste davon. Wir warteten im Auto. 

In meinem Kopf kreisten die Gedanken. Würde der dieser Mann wiederkommen oder mit dem Geld davon gehen? Und würde er uns wirklich noch die vier Reissäcke rausge ben? Je länger wir warteten, desto beunruhigter wurde ich innerlich. Solche Situationen machen mich nervös. Und da war er wieder, der Herr. Er nannte uns den Preis der Plastiksäcke und Madiakher bestätigte ihm dies. Ein zweites Mal ging er los. Das Warten ging weiter. Bevor er ging, meinte er noch, wir sollten doch schon vorausfahren. Etwas gerade aus und dann links, da sollten wir warten. Also gut, dann los. Wir warteten und warteten. Auch Madiakher schien mir plötzlich etwas nervös zu sein. Und dann kam er wieder mit den Plastiksäcken in der Hand. Es hätte nur noch eine Packung davon gegeben. Nun gut, es scheint auch hier gerade nicht ausreichend Plastiksäcke zu haben. Wir nahmen was wir bekamen. Und dann öffnete der Herr eine Türe und trug uns die vier 50kg Reissäcke auf dem Kopf ins Auto. Endlich war es geschafft und wir machten uns auf den Weg zu Mama Mane. 

Die Hitze stieg und stieg, doch wir waren so mit unserer Mission beschäftigt, dass wir davon nicht wirklich viel mitbekamen. Alles ausgeladen, den Taxifahrer bezahlt und die Utensilien für das Abfüllen der Nahrungsmittel geholt, ging es ans Verpacken. Heute war Mama Mane nicht da. Sie hatte ein kulturelles Engagement, sodass Madiakher und ich uns alleine ans Verpacken machten. Als wir zum Haus kamen, begrüssten uns die Kinder und natürlich Billy, der gerettete Strassenhund. Die ganze Zeit liess er uns nicht alleine und beobachtete alles. Es schien, als würde er uns beschützen und schauen, dass alles im sicheren Rahmen von statten gehen kann. Die Mädchen, welche schon wach waren und Madiakher’s jüngste Tochter kamen schnell dazu und halfen tatkräftig mit. Nachdem einige Tüten von Madiakher abgefüllt waren, legte ich die Zwiebeln hinein. Bald schon übernahmen die Mädchen das Abpacken des Reises, ich füllte weiter die Zwiebeln hinein und Madiakher ging los, um die Tüten zu verteilen. Und die ganze Zeit sass Billy unter meinem oder Madiakher’ Stuhl . Und manchmal, wenn Madiakher Billy rief, begleitete er ihn dabei, die Tüten von einem Haus zum anderen zu bringen. 

Wie vielen Haushalten und somit Familien wir mit dem Reis und den Zwiebeln eine Hilfe sein konnten, können wir nicht genau sagen. Denn es waren einfach so viele. 200kg Reis haben wir abgepackt und verteilt, sodass es für unzählige Familien reichte. So haben wir für über 100 Schweizer Franken heute Grundnahrungsmittel eingekauft und im Quartier Tefess verteilt an Familien, welche wirklich Unterstützung benötigen. 

Kurz nach zehn Uhr waren wir mit allem fertig und machten uns wieder auf den Rückweg nach Hause. Erst als wir alles verteilt hatten, bemerkte ich wie, heiss es inzwischen geworden war. Während des Arbeitens ist es mir nicht aufgefallen, doch als wir Zuhause angekommen waren, freute ich mich über eine erfrischende Dusche.

Noch als wir auf dem Rückweg waren und das Quartier Tefess durchquerten, hörten wir von den verschiedensten Seiten Zurufe. Sie beten für uns, dass wir weiterhin solch gute Taten machen können. Sie bedankten sich und waren voller Freude. All diese Gebete, die Dankbarkeit und diese Freude möchten wir euch auf diesem Weg weitergeben. Sie gelten euch, denn ihr seid es, die all dies ermöglichen. Eure Unterstützung, euer Vertrauen und euer grosses Herz machen all dies möglich und auch wir sind voller Dankbarkeit, dass Ihr euer Vertrauen schenkt. Es war uns wieder eine Ehre, mit eurer Unterstützung so viele Lebensmittelpakete verteilten zu können. Auf ganz viele weitere solch tolle Möglichkeiten und Momente. Jërëjëf way! Ein grosses Dankeschön von Herzen! 

Seid ganz lieb gegrüsst von uns.

Schön seid ihr da!

Wir senden euch viel Sonnenschein und Herzenswärme für die kalte Winterzeit, 

Muriel & Madiakher

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"