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Dieses Mal war es nicht Reis, sondern Kartoffeln und Zwiebeln

Dieses Mal war es nicht Reis, sondern Kartoffeln und Zwiebeln

Die Mondsichel zeigt Anfang und Ende des Ramadansmonats an. Deshalb sieht man nach der Neumondnacht die Menschen nach der Sichel Ausschau halten. Diese Augenblicke, in denen die Sichel gesichtet wird, kommen mir immer etwas magisch vor. Es sind freudige Momente. Als der Ramadan begann, waren wir soeben am Strand beim «Djeme Kaffee». Der Ort lädt zum Verweilen ein, man trifft sich und es werden Getränke angeboten. Gegen Abend werden oftmals die Trommeln ausgepackt und eine Runde musiziert. Wir haben getrommelt und die Zeit genossen. Immer wieder konnte ich beobachten, wie die Blicke an den Himmel gingen. Die Sonne ging unter und die Sterne kamen einer nach dem anderen zum Vorschein. Und da war sie, die Mondsichel. Plötzlich verstummten die Trommeln und eine besinnliche Stimmung kam auf. Die Freude war gross in dem Augenblick. Und während die einen für sich ein Gebet sprachen, schauten die anderen einfach an den Himmel nach der Mondsichel. So schnell dieser besinnliche Augenblick gekommen ist, war er auch wieder vorbei und wir brachen zum Abendessen auf. Der Tagesrhythmus passt sich während des Ramadanmonats den dafür geltenden Regeln an. Eine intensive Zeit stand bevor, wobei wir beide keinen Ramadan machten.

Einen Monat später standen wir wieder am Strand, nah am Wasser und unsere beiden Köpfe waren nach oben gerichtet und suchten die Mondsichel. Der Himmel war nicht ganz klar, sodass der Dunst die Sichel verdeckte. In den Moscheen tönte aus den Lautsprechern, dass der langersehnte Moment nun gekommen und die Ramadanszeit vorüber sei. Das Korité Fest (Fastenbrechen oder Zuckerfest) stand bevor. Schon Wochen zuvor wurden Festtagskleider angefertigt für die Kinder. Kurz vor dem Fest sah man wie die Frauen und Kinder sich neue Flechtfrisuren machen. Am Tag des Korité geht man in die Moschee und geniesst danach ein gemeinsames Festessen mit Poulet und Pommes. Bei vielen reicht das Geld nicht um sich all dies zu ermöglichen. So gerne auch gefestet wird, die Armut ermöglicht es nicht allen zu feiern. Viele verschulden sich für die Feste und wissen bis am Tag selber nicht wie sie sich das Essen finanzieren sollen. 

Am Tag vor dem Korité ging Madiakher wieder auf den Markt und kaufte eine grosse Menge an Grundnahrungsmitteln ein. Dieses Mal war es nicht Reis, sondern Kartoffeln und Zwiebeln. Diese beiden Grundnahrungsmittel sind Hauptbestandteil des Korité Gerichtes und stellen neben dem Kauf von Poulet einen hohen Kostenpunkt dar. Wie viele Kilos wir gekauft hatten, können wir nicht genau sagen. Es waren einige grosse, gut gefüllte Säcke. Wir packten alles in knapp 100 kleinere Säcke um. Es war ein reges Treiben vor der Boutique von Mama Mane. Wir leerten die Säcke auf den Boden und begannen die Zwiebeln und Kartoffeln abzupacken. Wir waren umgeben von unzähligen Kindern die spielten. Frauen sassen daneben und flochten die Zöpfe der Mädchen. Die etwas grösseren Jungs schickten wir mit einigen Säcken los, um sie an die von starker Armut betroffenen Familien zu verteilen. Es waren so viele Säcke, dass wir neben der Unterstützung der Kinder zu dritt loszogen und sie verteilten. Gegen Abend, als die Sonne nicht mehr so heiss war, ging auch noch Mama Mane los und verteilte einige Säcke noch in anderen Quartieren. Mama Mane wusste von einzelnen Familien in anderen Quartieren, welche sich durch ihre starke Armut das Fest nicht leisten konnten. So nahm sie den langen Weg auf sich und brachte ihnen die Tüten vorbei. Die Erleichterung und Freude waren ihnen ins Gesicht geschrieben. Damit konnten sie mindestens zwei grosse Mahlzeiten kochen und somit ihren Hunger stillen. Mit etwas mehr als CHF 100.- konnten wir fast ein ganzes Quartier mit Grundnahrungsmittel versorgen, welche ihnen je nach Familiengrösse zwei bis drei Mahlzeiten ermöglicht. Und vor allem konnten wir ihnen ein unbeschwerteres Feiern des Korités ermöglichen. 

Noch einmal schlafen und das Fest stand vor der Türe. Die Aufregung der Kinder konnten wir regelrecht beobachten. Die Mädchen zeigten einem die neuen Flechtfrisuren und erzählten von ihren Festkleidchen.Frühmorgens begannen die Vorbereitungen für das Festmahl. Stundenlang wurde gekocht und ein einzigartiges Essen gezaubert. Glücklich und zufrieden wurden am Abend die Festtagskleidung angezogen. Gemeinsam ging es dann los durch die Strassen und von Haus zu Haus. Gebete wurden ausgetauscht und ein gesegnetes Fest gewünscht.  

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"