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Mit genügend Zeit wirst du dein Ziel erreichen…

Mit genügend Zeit wirst du dein Ziel erreichen…

Es war der zweite Dienstag im Monat März. Madiakher, Bamba und ich gingen morgens los in die Stadt. Unser Ziel, ein Teil der Papiere besorgen für die Vereinsgründung des senegalesischen Vereins. Wir zogen also los, um eine Kopie von Madiakhers Identitätskarte zu machen. Wir benötigte eine Legalisierung der Kopierten Identitätskarte. In einem kleinen Atelier sass eine Dame mit einem Laptop, welcher ein etwas verstaubter, alter aber durchaus funktionierenden Drucker angeschlossen war. In diesem Teil der Stadt kostet eine Kopie nur 50 CFA. Etwas weiter in der Stadt drinnen kostet eine Kopie schon 100 CFA. Nun denn, mit der Kopie gingen wir also auf die Polizei für die Legalisierung. Viele Menschen waren da und warteten. Es war heiss und die Sonne stach schon jetzt, es war ca. 9h, ziemlich fest. Das Polizeigebäude besteht aus einem grossen Innenhof mit mehreren Räumen rings um den Innenhof. Ich schaute mich um. Auf der einen Seite sassen mehrere Polizisten und schienen über das eine Motorrad zu fachsimpeln. Daneben eine grosse Sammlung von Wassermelonen. Drei Männer kamen, ein vierter fuhr ein Polizeiwagen vor und es wurde mit den Wassermelonen beladen. Es war eines der Polizeiwagen mit welchen Personen eingesammelt werden. Denn hinten war eine Ladefläche mit einem verschlossen Gitter. Auf mich wirkte es ein bisschen wie einen Zwinger. Diese Art von Autos kannte ich von der Schweizer Polizei nicht. Zu dritt fuhren sie mit dem mit Wassermelonen beladene Auto davon. Madiakher kam auf uns zu. Er wäre in zwei Büros gewesen. Sie würden seine ID nicht anerkennen. Eigenartig, denn ich habe gesehen, dass das Ablaufsdatum erst im Jahr 2025 sein wird. Somit war sie noch gültig und alles passend. Wir verliessen den Polizeiposten etwas resigniert. Plötzlich kam mir die Idee. «Aber Madiakher», sagte ich, «du hast doch auch einen Pass. Wir können doch auch den legalisieren lassen.» Ihr müsst wissen, hier ist es keine Selbstverständlichkeit einen Pass zu besitzen. Viele Senegales/innen haben eine Identitätskarte, wobei auch das nicht immer der Fall ist. Bamab und ich setzten uns auf eine Bank im Innenhof des Polizeipräsidiums, während Madiakher sich auf den Weg machte, um eine Kopie des Passes zu organisieren. Neben mich auf der Bank setzte sich eine Dame. Sie streckte mir ihre Hand hin und sprach auf mich ein. Ich verstand nicht alles von ihr, doch was ich verstand war. Sie wollte, dass ich ihr Geld geben, um Gott einen Gefallen zu machen. Bamba neben mir erklärte ihr, dass wir dies später machen werden. Sie stand auf und ging weiter ihren Weg. Ich beobachte wie die drei Polizisten nun wieder von ihrer Tour zurückkamen. Nun begannen sie den Talibé (Strassenkindern) die kamen je eine Melone zu geben. Voller Stolz, so konnte ich es beobachten, liefen sie davon und ein grosses Lachen verzauberte ihre Gesichter. Im Innenhof war sovieles los. Ich kam kaum nach mit dem Bobachten aller Szenerien. Und schon kam Madiakher wieder zurück. Er hätte die Kopie hinterlege. Um 11h sollten wir wiederkommen und das legalisierte Papier entgegennehmen. Wir machten uns auf den Weg, um den geschrieben Text mit der Deklarierung unsere Vereinsinhalte (l’objective de notre l’association) auszudrucken. Auf dem Weg erklärte mir Bamba, dass vor einiger Zeit die Behörden beschlossen hätten die Identitätskarten zu erneuern. So sollte nun die ganze senegalesische Bevölkerung die ID erneuern. Dadurch würden nun auf gewissen Ämtern die ID nicht mehr akzeptiert werden. Das Beantragen einer neuen wieder kann bis zu sechs Monate dauern, kostet etwas und es werden offizielle Dokumente benötigt. Ich fragte mich wie dies für die Senegalesen umsetzbar ist, denn ein grossteil der Bevölkerung lebt von der Hand in den Mund, was soviel bedeutet wie, die Bezahlung der alltäglichen Kosten ist eine tägliche Herausforderung. Wie soll da noch das Geld zu Verfügung stehen für eine Beantragung einer neuen ID. Auf diese Frage konnte ich noch keine Antwort erhalten. Nun denn, wir waren auf dem Weg für den Ausdruck des besagten Papieres. Wir kamen auf der anderen Seite der Stadt zu einem anderen Atelier in welchem alles mögliche gedruckt werden konnte. So wurden soeben T-Shirts gedruckt, Prospekte und Bilder bearbeitet für ein Plakat. Dieses Atelier, ihr könnt euch ein kleines Häuschen vorstellen, ungefähr zwei Meter auf zwei Meter, vollgestellt mit Druckermaschienen, Laptops Papierdrucke und noch jegliche weitere Dinge. Zusätzlich sassen drei Personen drinnen. Madiakher und ich konnten uns noch reinstellen, um zu besprechen was wir genau benötigten. Die Kopie war gemacht und wir gingen wieder los in Richtung Polizeipräsidium. Mittlerweile war es kurz vor 11h. verrückt wie schnell die Zeit vergeht. Noch hatten wir die Legalisierung des Passes noch nicht, wir waren jedoch schon seit 9h morgens daran dies umzusetzen. Zurück auf dem Polizeipräsidium setzten wir uns in den Innenhof neben einen Stand, welche selbstgemachte Snacks verkaufte, Baquettbrote mit einer Bohnenfüllung sowie Kaffee. Dahinter war eine Dame, welche sich um das Mittagessen kümmerte. Sie sass neben einem Feuer, präparierte den Fisch und bereitete das Gemüse vor für das Thieboudjeen (Nationalgericht hier im Senegal). Es war eine herrliche Stimmung. Einige Polizeiangestellte sassen hier, tranken ihren Kaffee und assen ihr Baquettbrot. Immer mehr Schülerinnen und Schüler kamen, um sich ein Mittagessen zu holen. So war die ganze Zeit was los. Um 11h sahen wir, dass alle wartendend Personen noch nicht aufgerufen wurden. Madiakher ging schauen, wann die legalisierten Papiere denn nun ausgehändigt werden. 11.30h wurde uns ausgerichtet. So warteten wir weiter. Ich beobachtete das Geschehen. 11.35h und noch immer sassen alle Personen geduldig auf ihre legalisierte Kopie der ID / Passes. Madiakher ging ein weiteres Mal schauen nach dem Papier. Dieses Mal gab es keine Zeitangabe. Wir beobachteten weiter das Treiben auf dem Innenhof. Einige Polizisten schnappten sich ein Motorrad, fuhren davon und kamen mit Besorgungen zurück. Andere sassen zusammen tranken Kaffee und unterhielten sich ungezwungen. Der eine Polizist verteilte noch immer Wassermelonen an die Kinder und alberte mit ihnen umher. Um 12h konnten wir sehen wie sich die wartenden Menschen in Bewegung setzten. Madiakher gesellte sich zu ihnen und wenige Minuten später hatte er das langersehnte Papier. Eigentlich wollten wir an diesem Morgen noch Madiakher sein Strafregisterauszug besorgen gehen. Doch die Legalisierung hatte seine Zeit gebraucht, sodass es nun zu spät ist. 

Hier leben wir in komplett anderen Gesetzmässigkeiten und Rhythmen. Es dauert alles seine Zeit und was heute nicht besorgt werden kann ist morgen auch noch möglich zu organisieren und zu erledigen. Den Strafregisterauszug beantragte Madiakher am Tag darauf. Dies bedeutete er ging um 8h morgens los zum Amt für die Beantragung. Um 10.30h war er wieder zurück. Auf dem Amt teilte sie ihm mit, er könne um 15h den Strafregisterauszug entgegennehmen. Es war 17h als er nach Hause kam mit dem Strafregisterauszug.

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