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Das Thermometer steigt über 40°C...

Das Thermometer steigt über 40°C...

Es ist verrückt, einen so heissen Tag gab es schon lange nicht mehr. Das Thermometer steigt über 40°C und dazu weht ein warmer Wind. Egal wo ich hin gehe, ist es unglaublich heiss. Ich habe so etwas wie heute noch nie gesehen, die Fliegen kleben in Scharen an den Wänden, den Böden und an den Decken. Es sind so viele Fliegen, dass die Wände teilweise sogar schon schwarz sind. Gehe ich durch die Räume oder Gänge, bin ich umzingelt von den abertausend Fliegen, welche vor sich hin surren. Dieses Surren habe ich noch nie so laut gehört. Noch faszinierender ist, dass wenn ich mich hinsetze, sich nur die Fliegen die an meinem Platz waren, bewegen. Die Restlichen versuchen alle sitzen zu bleiben, um sich nicht bewegen zu müssen. Normalerweise bewegen sich Fliegen doch in einem unglaublich schnellen Tempo. Nichteinmal auf unsere Haut setzen sie sich heute,  denn diese ist ja auch heiss.
Als ich noch in der Schweiz lebte und es in den Sommermonaten um die 30°C war, empfand ich das als heiss. Stehend schwitzen wir schon beim Nichtstun und freuten uns über alle abkühlenden Momente. Mittlerweile mag ich die Temperaturen um und über die 30°C und empfinde ca. 27°C schon als frisch. Bei 20°C frieren wir hier und sind mit Pullover, Mützen, langen Hosen und Schal unterwegs. Es ist faszinierend, wie der Körper sich an die Umgebungen anpassen kann, wobei ich noch längst nicht so abgehärtet auf die hohen Temperaturen bin, wie die Einheimischen hier.

Am Morgen dieses heissen Tages haben Madiakher und ich Wäsche gewaschen. Heute war es viel Wäsche, sodass wir sicherlich eine Stunde lang zu zweit wuschen. Ich wusch die Wäsche vor, wusch sie mit Seife, er spülte sie aus und hängte sie auf. Es war unglaublich. Die kleinen Tücher waren nach wenigen Minuten schon trocken. Die etwas Grösseren, beispielsweise das Bettlacken, waren nach 20 Minuten trocken. Mit diesen Trocknungszeiten kann kein Tumbler mithalten. Nur der etwas dicke Pullover brauchte  eine Stunde. Als Madiakher im Anschluss den Boden nass aufzog, trocknete dieser fast schon schneller, als er ihn wischen konnte. Ich konnte regelrecht zuschauen wie die nassen Stellen in wenigen Sekunden trockneten.

Es ist der zweite Freitag des Monats Mai, also der Brückentag von Auffahrt. Hier wurde gestern nicht nur Auffahrt gefeiert, sondern auch Korité – das Fest welches das Ende des Ramadans feiert. Der Ramadan ist vorbei, ein Monat Fasten und Beten ist vollbracht. Am Mittwochabend standen viele Menschen draussen und schauten in den Himmel. Sie hielten Ausschau nach dem Neumond sobald  er nicht mehr zu sehen, ist der Ramadan beendet. Mit einem riesigen Strahlen im Gesicht gingen die Menschen wieder nachhause und feierten den Moment. Die Vorbereitungen für das Fest begannen schon wenige Tage zuvor.

Der Markt war übervoll – also ich meine total voll! Auch sonst ist einiges los auf dem Markt, aber vor dem Korité ist es so viel mehr. Teilweise kamen wir nichteinmal mehr durch die Strassen. Person an Person versuchte jeder durch die Masse zu kommen, dazu mittendrin noch Autos, Schubkarren und Mofas. In den Seitengassen, welche aufgrund des Festes auch gut gefüllt waren, standen die Pferde mit ihren Lastflächen. Es war verrückt wie viele Menschen dort waren.

Für das Fest kaufte jede Familie viele Hühner. Schaute man in die Häuser hinein oder befand man sich in einem, so waren überall provisorische Ställe für die Hühner errichtet worden. Auch Madiakher zog los und kaufte vier Hühner für seine Familie. Am Morgen wurden die Hühner und das Festmahl hergerichtet. Auch die Kinder haben sich für diesen Tag hübsch gemacht. Alle die es sich leisten können kleiden ihre Kinder neu ein und frisieren sie wundervoll. Die Mädchen hatten schön geflochtene Frisuren mit Perlen drin und die Jungs einen coolen Kurzhaarschnitt. Für alle hier ein grosser Moment. Am Morgen machte man sich das erste Mal chic und auf den Weg zur Moschee. Gegen Abend kleidete man sich ein zweites Mal chic ein. Es wird von Tür zur Tür gegangen, die Kinder fragen nach etwas Geld und es wird um Entschuldigung gebeten für die vergangene Zeit.

Madiakher zog schon früh am Nachmittag mit seinem Bruder los. Er hatte eine Trommel und sein Bruder ein selbst gebautes Zupf- und Rhythmusinstrument. Zusammen zogen sie durch die Strassen, von Haushalt zu Haushalt, um zu musizieren. Später erzählte er, dass er nicht weit gekommen sei. Denn in einem Hause und vor dessen Haustüre waren so viele Menschen plötzlich, die alle zum Tanzen gekommen sind. Sie hätten die Rhythmen gehört und sind deshalb schnell gekommen oder jemand hat ihnen davon erzählt. Gegen den späteren Abend kam er zufrieden und erschöpft zurück. Schon lange hat er nicht mehr so ausgiebig getrommelt meinte er.

Aufgrund des Korité Festes stagnierten unsere Tätigkeiten für «Coeurs des Enfants – Ndimbal ak yërmandé». Die Eingangstore sind fast zu Ende gebaut, doch der letzte Schliff fehlt noch und wird nach dem Korité ausgeführt. Die weiteren Anläufe für die Vereinsgründung im Senegal können wir erst wieder am Montag weiterverfolgen, da die Behörden vor dem Korité nicht mehr wirklich arbeiteten. Doch Madiakher machte sich trotzdem auf den Weg, um alles was möglich war, zu erledigen. Mit den Spendengeldern können wir uns ein kleines Töffli anschaffen. Das ist von grosser Bedeutung, denn der Weg auf Mboulem und wieder zurück hat seine Tücken.

Hier sind die Taxis ein öffentliches Verkehrsmittel. Es kann zwischen verschiedenen Taxiversionen unterschieden werden. Normalerweise fährt man hier mit den Streckentaxis umher. Diese sind nicht allzu teuer, doch jedes Streckentaxi fährt nur seine fixe Strecke.

Um nach Mboulem zu kommen muss Madiakher zwei bis drei solcher Streckentaxis nehmen. Dazu kommt, dass nicht viele diesen Weg fahren, was zu längeren Wartezeiten führt. Auch muss er sich noch vor dem Mittag auf den Rückweg machen, da er ansonsten einige Stunden zu Fuss hat, um wieder zurück nach Mbour zu kommen.

Es ist also nicht möglich regelmässig vor Ort präsent und bei den Arbeiten mit dabei zu sein. Mit einem Töffli ist ihm das besser möglich. So machte sich Madiakher auf den Weg um nach einem geeigneten und preiswerten Töffli zu suchen.

Es ist heute so heiss, das ich schon beim Verfassen dieses Textes schwitze. Und bei aller Liebe, viel Bewegung ist das ja nicht, dazu kann ich in einem Zimmer sein, bei dem die Sonne nicht direkt hineinscheint. Madiakher wiederum ist losgezogen, da er möglicherweise ein Engagement hat – huff - bei dieser Hitze... Doch heute schwitz man nur einmal, doch dafür gönnt man sich mehrere Duschen. In diesem Sinne, ich glaube ich benötige eine kleine Abkühlung. 

 

In Liebe,

Muriel & Madiakher

©Verein "Nio boku gis gis - on vois dans la même direction"